In der Schule ist der Abstand zu den Kindern und Jugendlichen als Fachlehrerin in der Regel größer und weiter entfernt als im Pfarramt. Und um so mehr benötigen wir als Erwachsene eine Sprachhilfe oder Begegnungshilfe, um trauernden Jugendlichen, die sich nicht selten vor Lehrerinnen und Lehrern verschließen, Angebote des Mitfühlens machen zu können. Das Buch „Das ist doch einfach nur Scheisse… um es mal auf den Punkt zu bringen!“ ist hierin ein Schatz. Uns als Erwachsenen ermöglicht es zu begreifen und damit umzugehen, dass die betroffenen Jugendlichen häufig nur mit der für sie nötigen Distanz zu uns Erwachsenen die Thematik des Todes naher Angehöriger oder Freunde, ihre Gefühle und den Schmerz besser erfassen und verarbeiten können. Ihre Sprache, ihre zumeist entwaffnende Ehrlichkeit, ihre Erinnerungen, Enttäuschungen und all die wertvollen Gedanken und Aussagen, die tief berühren. Ein Buch voller Beschreibungen von Menschen, die den Tod in jungen Jahren nah erlebt haben und die dadurch ganz sicher – trotz und durch den Verlust - einen Wert in ihrem Leben dazugewonnen haben.
Aus den unglaublich feinfühligen Fragen, die ihnen gestellt werden, liest man sowohl die Professionalität als auch die besondere Zugewandtheit und liebevolle Aufmerksamkeit der Autorin gegenüber den Jugendlichen heraus. Sie sind der Grund für die bedeutende Substanz der Interviews, die den Inhalt des Buches ausmachen.
Eingerahmt werden diese Interviews von Bildern der Fotografin Angela Graumann. Auch sie zeugen von der Kunst des sich Einfühlens, denn sie lassen außergewöhnlich gut Bezüge zum dargelegten Interview und zu den Jugendlichen und ihrer Biografie erkennen. Sie gestalten das Buch selbst in Orte der Stille, der Schönheit, der Nachdenklichkeit, der Trauer und der Sehnsucht. Ihre Bilder sprechen aus sich selbst heraus und erzählen oftmals sehr konkret mit. Zum einen durch einen achtungsvollen Abstand zum Jugendlichen selbst und durch
die Kunst der technischen Details, häufig aber auch vor allem durch die Verbindung vom Gesagten zu Zeichen und Symbolen, die dafür stehen.
Bei all dem ist es jedoch kein Buch für uns Lehrerinnen und Lehrer, die es als Hilfestellung für das lesen könnten, was Jugendliche zum Beispiel brauchen, wenn sie nach einem Verlust und der Trauer darüber wieder zurück in ihren Schulalltag kommen. Es ist ein Buch von Jugendlichen für Jugendliche. Und das ist der größte Wert.
Durch psychologische Erläuterungen in Ergänzung zu den Interviews, wird den jungen Leserinnen und Lesern des Buches noch einmal verdeutlicht, was die Verletzung durch den Tod mit einem Menschen macht. Sie können beitragen zum Verständnis, dass das Entstehen tiefer menschlicher Krisen nach dem Tod eines nahestehenden Menschen etwas ganz Normales ist.
Durch eins der großen Tabuthemen in unserer Gesellschaft, mit denen wir sogenannten Erwachsenen Sprachlosigkeit oder im schlimmsten Fall Abwehr im Umgang mit dem Thema Tod ausstrahlen, ist die damit verbundene Einsamkeit der Betroffenen eine entsetzliche Erfahrung. Dieses Buch kann wie ein leuchtender Diamant in der Dunkelheit des Schmerzes für Jugendliche sein. Denn hier wird offen, ehrlich und ohne Ressentiments gesprochen. Über das Leben nach dem Tod, über das Sterben selbst, und vor allem über das Leben an sich.
Ganz am Schluss sind sehr hilfreich die herausragend gekonnt auf den Punkt gebrachten Empfehlungen für den Umgang mit trauernden Jugendlichen für uns Erwachsene angehängt. Anlaufstellen für Jugendliche im Trauerprozess sind sowohl online als auch im direkten Kontakt als professionelle Kontaktmöglichkeiten bereitgestellt.
Nicht nur für Lehrende und Menschen im Pfarramt, empfehle ich dieses kostbare Buch für unser aller Büchertisch. Gleichermaßen als Empfehlung oder Geschenk für Jugendliche. Ob vom Tod betroffen oder (noch) nicht.